Vom Theaterbesucher zum Krümelmonster

Musicalbesuche sind wirklich etwas Tolles und vor allem bescheren sie einem unvergessliche Momente. Zumindest sehe ich das so, allerdings fallen mir auch immer mehr Menschen im Theater auf, für die die Vorstellung überhaupt nichts Besonderes zu sein scheint. Manchmal frage ich mich tatsächlich, warum solche Menschen überhaupt ein Theater besuchen. Nur, um sich stundenlang lautstark zu unterhalten, oder um allen möglichen Freunden über Whatsapp einen Livebericht zu erstatten?! Alle fünf Minuten auf sein Handy sehen kann man auch zu Hause, oder? Im Theater ist das für den Sitznachbarn leider sehr störend.
Ich glaube, jeder waschechte Musicalfan weiß, was ich damit meine. Während einer Vorstellung möchte man verzaubert werden und in eine andere Welt abtauchen. Man macht eine kleine Reise durch Kloster, Gruften, Katakomben... und "blitz", plötzlich wird man von einem grellen Licht unsanft aus seiner eigenen kleinen Welt gerissen, denn es ist ja schließlich unglaublich wichtig, dass der Sitznachbar schöne Erinnerungsfotos von der Vorstellung macht.
Auch auf das ständige lautstarke Kommentieren während der Aufführung kann natürlich keineswegs verzichtet werden, auch, wenn der Rest des Publikums leider nicht mehr versteht, was auf der Bühne gerade passiert.
Ich ärgere mich immer wieder über Menschen, die sich so rücksichtslos verhalten. Natürlich kann man während der Vorstellung ab und an einmal miteinander flüstern, aber lautstarke Unterhaltungen sind einfach sehr störend und auch respektlos gegenüber den Darstellern und dem restlichen Publikum.
Ein Punkt, der mir auch häufig im Theater auffällt, ist, dass immer Menschen es nicht schaffen, anderthalb Stunden ohne Nahrung zu überleben. Anstatt sich in der Pause zu stärken, müssen viele Menschen schon wenige Minuten nach Vorstellungsbeginn ihre Kekstüten und Schokoladentafeln aus der Tasche kramen und mit diesen während der gesamten Show eine "schöne" Hintergrundmusik zaubern.

Ein Ereignis, das ich wohl nie vergessen werde, hat sich bei einer meiner Rocky-Besuche zugetragen. Wir saßen in der Reihe 14, die sich direkt am Mittelgang befindet, durch welchen einige der Darsteller gegen Ende der Vorstellung laufen. Neben uns hatte ein älteres Ehepaar seine Plätze, welches sich während der gesamten Vorstellung über einzelne Szenen des Stücks beschwerte. Doch kurz vor dem Endkampf passierte dann etwas viel Unglaublicheres... der Herr zog seine Schuhe aus und stellt diese mitten in den Gang. Als wenig später die Ordnerin den Gang kontrollierte, damit die Darsteller nicht über Taschen oder Ähnliches fallen, bat sie den Mann, seine Schuhe aus dem Gang zu nehmen, doch dieser war damit überhaupt nicht einverstanden und begann eine minutenlange Diskussion mit der Ordnerin. Ich konnte es wirklich kaum glauben!
Für mich ist es unbegreiflich, überhaupt auf eine derartige Idee zu kommen. Und es kann einem doch auch nicht egal sein, dass man so andere Menschen gefährdet. Darsteller, die in der Dunkelheit durch den Gang rennen, werden mit ziemlicher Sicherheit über dieses Hindernis fallen und sich gegebenenfalls sogar verletzen. Die Gesundheit anderer Menschen aufs Spiel zu setzen ist aus meiner Sicht wirklich eine Frechheit.

Auch respektlos gegenüber den Darstellern finde ich es übrigens, am Ende der Vorstellung nicht ein einziges Mal zu klatschen und noch bevor das letzte Lied des Stücks verklungen ist, aus dem Saal zu stürmen. Ein Applaus gehört in jedem Fall dazu, auch, wenn einen das Musical nicht ganz überzeugen konnte. Schließlich geben sich die Menschen auf der Bühne stundenlang Mühe, uns, das Publikum, zu unterhalten und zu begeistern und dafür haben sie definitiv ein Minimum an Respekt verdient, oder? Auch Standing Ovations sind zum Ende der Inszenierung nicht verboten, und wenn man lieber sitzen bleiben möchte, sollte es den restlichen Zuschauern allerdings freigestellt sein, ob sie so begeistert von der Leistung der Darsteller waren, dass sie sich von ihren Plätzen erheben möchten. Das Zupfen am Pullover oder das lautstarke Schimpfen, dass man nichts mehr sehen könne, ist dann eher fehl am Platz.


Leider benehmen sich manche Leute wirklich sehr unverschämt. Essen ist im Kino eine super Sache, aber in unseren Theatern in Deutschland ist es nicht erlaubt. Ein netter Kaffeklatsch mit Freunden macht mir auch viel Spaß, aber im Cafe - und nicht während einer Musicalaufführung im Theater. In den Sitz, der sich vor einem befindet, zu treten, ist vielleicht für einen selbst lustig, allerdings bezweifle ich, dass der Vordermann das Ganze so amüsant findet. Das Sprichwort: "Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem andern zu", passt an dieser Stelle einfach perfekt!
Schließlich sollte der Theaterbesuch für alle ein Genuss sein, und wenn man die Freude anderen   gönnt und überhaupt kein Interesse an dem Geschehen auf der Bühne hat, sollte man sich überlegen, ob es empfehlenswert ist, sich Karten zu besorgen und damit Geld aus dem Fenster zu werfen (nicht nur sein eigenes Geld, sondern indirekt auch das Geld seiner Mitmenschen, die sich teure Karten kaufen, aber die Vorstellung dann nicht genießen können).

Kommentare

  1. Da kann ich wirklich nur aus vollem Herzen zustimmen! Was mir auch auffällt: die Leute haben einfach keine Geduld mehr, keine Muße, um sich mal zwei Stunden lang im Theater oder Konzert nur auf das Geschehen zu konzentrieren. Kaum gibt es einmal eine leisere Sequenz, eine ruhigere Stelle, erhebt sich rings herum Flüstern, Rascheln und Raunen. Warum, frage ich mich da. Auch die ruhigeren Szenen gehören doch auch zum Stück!

    Auch Gemeckere habe ich mir schon so oft angehört. Das nicht jedes Stück, jedes Musical, jedes Konzert jedem gefällt, das ist doch klar. Aber muss man das denn wirklich lautstark während der Vorstellung kundtun? Um auch allen anderen das Erlebnis zu vergrätzen?

    Ich finde, ehrlich gesagt, die Regeln und die Durchsetzung der Regeln in Theatern und Spielstätten sollte strenger werden. Von allein ändern sich solche Leute nämlich nicht!

    Liebe Grüße, Nicole (die über dieses Thema ewig schwadronieren könnte)

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