Begegnung mit dem "Ich" auf Manderley

Milica Jovanovic ist ein großer Stern am Musicalhimmel. In vielen verschiedenen Produktionen hat sie bereits die Massen begeistert und mit ihrer Stimme tief berührt. Unter anderem stand Milica bereits in "Liebe stirbt nie", "Mary Poppins", "Sunset Boulevard", "Artus Excalibur" und natürlich "Schikaneder" auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Im diesem Sommer durften die Zuschauer die Darstellerin bei den Tecklenburger Festspielen als "Ich" im Musical "Rebecca" begrüßen.
Vor der Derniere in Tecklenburg hatte ich die Gelegenheit, mit dieser liebenswürdigen Darstellerin ein kleines Interview führen zu dürfen...

Milica, nach deinem Abitur warst du unter anderem Stipendiatin an der "Royal Academy of Music" in London. Wie bist du zu diesem Stipendium gekommen?

Von der West Ebey aus gab es damals ein Stipendiumprogramm, an dem von jeder Hochschule für das Fach Musical immer zwei Stundenten teilnehmen durften. Hierzu gab es eine Art Wettbewerb, welchen ich gewonnen habe und deshalb wurden dann die Kosten für meine Unterkunft, die Schule, etc. übernommen.
Die West LB - Bank gibt es seit dem Bankencrash nicht mehr, aber die zwei Damen, die damals in diesem Bereich zutändig waren, betreuen immer noch Absolventen und haben beispielsweise auch ein Konzert organisiert, bei dem ich mit einigen anderen ehemaligen Absolventen auch noch einmal aufgetreten bin.

Du hast ja unter anderem die "Christine" in der Inszenierung "Liebe stirbt nie" gespielt. Was hat dich an dieser Rolle am meisten fasziniert?

Ich denke tatsächlich, dass für mich persönlich die Musik das Besondere war. Außerdem hat mich dieses Stück schon sehr lange beschäftigt, da ich damals bei den anfänglichen Workshops dabei war und so die Produktion von Beginn an miterlebt habe. Als ich die Rolle dann wirklich in Wien spielen durfte, ist für mich ein großer Traum in Erfüllung gegangen.

Die Figur durchlebt ja vom "Phantom der Oper" bis hin zum zweiten Teil, nämlich  "Liebe stirbt nie", eine große Entwicklung. Würdest du gerne einmal die Christine in ihren Ursprüngen im ersten Teil verkörpern?

Ja, auf jeden Fall. Leider hat sich diese Möglichkeit bisher noch nicht ergeben, aber wer weiß, was die Zukunft bringen wird.

(c) Stephan Drewianka

Zudem hast du bereits die "Winifred" im Disney - Musical "Mary Poppins" gespielt. Wie unterscheiden sich deiner Meinung nach diese Disney-Produktionen von anderen Inszenierungen?

Da "Mary Poppins" nicht alleine von Disney, sondern auch von Cameron Macintosh stammt, ist das Stück keine reine Disney - Produktion. Ich weiß von einigen Kollegen, dass in anderen Shows von Disney einfach sehr viel festgelegt ist und alles nach genauen Vorgaben verlaufen muss. Bei "Mary Poppins" hatten wir allerdings wirklich viele Freiheiten. Natürlich waren gewisse Dinge festgelegt, aber wir konnten vieles auch noch mitbestimmen.
Insgesamt merkt man auf jeden Fall, dass Disney - Musicals immer sehr gut und bunt ausgestattet sind... und in diesen Shows fliegt fast immer eine Figur ;-)

Zuletzt standest du als "Eleonore" in "Schikaneder" auf der Bühne. Was hat es Dir bedeutet, an einer Uraufführung mitzuwirken und diese Rolle selbst in gewisser Weise zu kreieren?

Das war wirklich das allergrößte Geschenk. "Eleonore" war bisher meine bedeutendste Rolle, die mich am stärksten geformt hat und die ich selbst auch am meisten geprägt habe, da ich in den Charakter einfach sehr viel von mir selbst legen durfte. Mark und ich durften in den Proben ja wirklich eine ganz neue und eigene Show entwickeln, weshalb "Schikaneder" auch einfach unser "Baby" ist.
Die Musik ist großartig und meine Rolle war einfach fantastisch, da sie eine unglaubliche Entwicklung in der Vorstellung durchleben durfte.

Am 9. September spieltest du bei den Freilichtspielen in Tecklenburg zum letzten Mal die Rolle der "Ich" in "Rebecca". Beschreibe doch bitte kurz diesen Charakter!

Die "Ich" ist die Erzählerin des Stücks. Zu Beginn ist die Frau sehr naiv und kindlich, aber im Laufe der Vorstellung findet sie zu ihrer Stärke, die tief in ihr geschlummert hat. Sie ist sehr ehrlich und positiv und im Gegensatz zu den restlichen Figuren soll die "Ich" immer die Leichtigkeit ausdrücken.
In dieser Show habe ich auch wieder phänomenale Lieder zu singen, wie zum Beispiel "Heut Nacht verzauber' ich die Welt". Das Lied ist wunderschön, ich liebe einfach diese Melodie.

Tecklenburg ist jedes Jahr aufs Neue ein beliebter Treffpunkt für Musicalfans aus aller Welt. Was macht den Zauber deiner Meinung nach aus? 

Man kann den ganzen Tag hier in diesem beschaulichen, kleinen Dorf verbringen, leckeres Essen genießen und sich anschließend eine wunderbare Show ansehen. 
Bei den Tecklenburger Festspielen bekommen die Zuschauer ein riesengroßes Orchester zu sehen, welches man leider auch nicht mehr in vielen Theatern findet.
Zudem hat der Intendant ein gutes Händchen bei der Besetzung der Figuren. Irgendwie stellt er mit Hilfe seines Gefühls immer eine großartige Truppe zusammen, die perfekt miteinander harmoniert und sich super versteht.

(c) Madeleine Weiss

Hast du während deiner Spielzeit in Tecklenburg hier dauerhaft gewohnt oder bist du gependelt?

Ich habe gerade in Wien meine Wohnung aufgegeben, da ich mit meinem Freund nach Hamburg ziehen werde. Zwischenzeitlich war ich oft bei meinen Eltern, die im Ruhrgebiet leben, oder ich bin hier in Tecklenburg geblieben.

Was wirst du an der Inszenierung "Rebecca" am meisten vermissen?

Ich werde eindeutig die Kollegen und die Zeit mit ihnen hier am meisten vermissen!

Du hast auch schon in verschiedenen Opern mitgewirkt. Fällt es mit einer klassischen Stimme schwer, im Genre "Musical" immer neue Engagements zu finden?

Ich habe zwar, als ich Musik auf Lehramt studiert habe, klassischen Gesang als Unterrichtsfach gehabt, aber ich habe ursprünglich "Musical" studiert und deshalb würde ich insgesamt auch nicht sagen, dass ich wirklich aus der Klassik komme.

Siehst du dir in deiner Freizeit gerne andere Shows an und hast du Lieblingsmusicals?

Ich schaue mir unwahrscheinlich gerne andere Musicals, aber auch Opern und Schauspielstücke an, allerdings fehlt natürlich oft die Zeit dafür. In Wien konnte ich mir innerhalb eines Jahres beispielsweise nur drei Produktionen ansehen.
Ich habe jetzt zuletzt in London zwei Inszenierungen gesehen, die ich fantastisch fand, nämlich "Lady Day at Emerson´s Bar" und "An American in Paris". Das waren zauberhafte Shows! Ich habe mir zum Beispiel auch "Titanic" in Bad Hersfeld angesehen, was mich auch unglaublich beeindruckt hat, vor allem im Hinblick auf die Choreografie. Bald sehe ich mir auch "Tanz der Vampire" in Hamburg oder den "Glöckner von Notre Dame" in Berlin an, also insgesamt besuche ich schon viele Aufführungen.

Was muss ein Darsteller auf der Bühne mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu können?

Er muss auf jeden Fall ehrlich sein und darf keinesfalls eitel wirken. Ich finde es immer ganz schrecklich, wenn Darsteller stimmlich ihre Eitelkeit zeigen, denn das berührt mich dann nicht. Ich liebe es, wenn Leute ehrlich und authentisch eine Geschichte erzählen.

Wie würdest du dich selbst in drei Worten beschreiben?

Diplomatisch, liebend, sportlich (und denke sehr viel an Essen :-)) 

Weißt du für dich bereits, wie es nach "Rebecca" für dich weitergeht?

Ich werde in dem "Kleinen Horrorladen" in Magdeburg zu sehen sein, außerdem werde ich die "Disney in Concert Tour" im deutschsprachigen Raum singen. Bis April werde ich auch "Sound of Music" weiterhin machen und alles Weitere ist leider noch nicht offiziell.

Welches ist dein größter Wunsch für die Zukunft?

Auf jeden Fall Gesundheit und viel Liebe. Wenn ich mir Nachrichten ansehe, frustriert mich das sehr und ich glaube, dass jeder Mensch ein wenig zu einer besseren Welt beitragen kann. Ich wünsche mir, dass jeder Mensch, der dieses Interview jetzt lesen wird, sich selbst einmal überlegt, wie es wäre, einen Tag nur Gutes zu tun, nicht über andere Menschen zu lästern und die Welt so einfach ein wenig zu verändern.

Vielen Dank für dieses schöne Interview, liebe Milica! Ich wünsche dir weiterhin viel Freude in deinem Beruf und, dass all deine Träume in Erfüllung gehen.
Bleib so, wie du bist!

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